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Bosch Power Tools
WWF-Projekt in Vietnam

Der kostbare Sand im Mekong-Delta

Eine Person mit einem traditionellen kegelförmigen Hut fährt in einem Holzboot auf einem Fluss. Im Hintergrund ist eine Siedlung zu sehen.

Das Mekong-Delta in Vietnam, ein vitales Ökosystem und die Lebensgrundlage für Millionen, ist stark bedroht. Übermäßiger Sandabbau für den Bauboom führt zu dramatischem Landverlust und ökologischen Schäden. Bosch Power Tools unterstützt WWF Deutschland dabei, nachhaltige Lösungen für diese kritische Herausforderung zu finden.

Das Mekong-Delta in Vietnam zählt mit einer Fläche von rund vier Millionen Hektar zu den größten Flussdeltas der Welt. Es entstand während der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren durch abgelagerten Sand und Kies, die der Mekong permanent aus dem Oberlauf herantrug. Heute sind die Ufer des Mekong dicht besiedelt; Reisfelder und tausende von Bewässerungskanälen prägen das Landschaftsbild. Rund 50 Prozent der Reisernte, fast 60 Prozent des Fischfangs und 18 Prozent der Wirtschaftsleistung Vietnams werden dort erwirtschaftet. Nur noch wenige natürliche Feuchtgebiete sind verblieben. Diese zu schützen, hat sich der WWF mit der Unterstützung von Power Tools zur Aufgabe gemacht.

in Mekong-Flussdelfin schwimmt in ruhigem, blauem Wasser. Über dem Delphin und rundherum sind weiße Texte und Zahlen zu sehen, die die Bedeutung des Mekongs für Reisproduktion, Biodiversität und die Bevölkerung Vietnams hervorheben. Ein Kasten in der oberen rechten Ecke zeigt das WWF-Logo und eine Notiz, dass Bosch Power Tools WWF-Naturschutzprojekte in Asien unterstützt.
Magischer Mekong – Der Mekong gilt als die Lebensader Südostasiens und ist eines der größten Flusssysteme der Welt.

Sandrausch in Vietnam

Seit einigen Jahren zeigt das Delta auffällige Veränderungen. „Uns wurde immer häufiger von Ufererosionen berichtet und der Einfluss von salzigem Meerwasser ließ sich über 150 km entfernt von der Mündung nachweisen“, erzählt Anh Ha Huy, Projektleiter beim WWF in Vietnam. Diese Veränderungen waren so drastisch, dass es neben dem Meeresspiegelanstieg durch den Klimawandel noch andere Ursachen geben musste. Anh Ha Huy und andere Wissenschaftler hatten schnell einen Verdacht. Denn das Mekong-Delta verfügt über eine weitere wertvolle Ressource: Sand.

Ein Mann in einem Anzug spricht in ein Mikrofon und gestikuliert mit der Hand.
Anh Ha Huy , Projektleiter beim WWF in Vietnam.
Mehrere Kranschiffe sind auf einem Fluss zu sehen, mit Land im Hintergrund unter einem bewölkten Himmel.
Aushub von Flusssand für die Bauindustrie aus dem Mekong.

Große Baggerschiffe pumpen den Sand im Flussbett ab, der als Baumaterial für Beton und Mörtel oder zur Landverfüllung in den wachsenden Städten verwendet wird. Und tatsächlich, Satellitenaufnahmen zeigen, dass die Sedimentfracht des Mekong seit Beginn der 2000er Jahre deutlich abgenommen hat – vor allem durch den wachsenden Abbau von Sand sowie den Ausbau der Wasserkraft im Oberlauf des Flusses. Die Lage ist ernst. Bei einem unverminderten Abbau von Flusssand werden die vorhandenen fossilen Sandvorkommen binnen zehn Jahren vollständig aufgebraucht sein. Anh Ha Huy vom WWF formuliert es drastisch: „Das Mekong-Delta droht im Meer zu versinken, wenn wir nicht handeln!“

WWF forscht für den Mekong

Doch wie lässt sich das Absinken des Deltas aufhalten? Der WWF bringt Politik, Wirtschaft und Wissenschaft an einen Tisch, um der sensiblen Thematik eine breite Bühne zu geben. Um die Entscheidungsträgerinnen und -träger zu erreichen, braucht es eine solide wissenschaftliche Datengrundlage. Gemeinsam mit verschiedenen Forschungsinstitutionen startete der WWF daher ein Projekt, um das Sedimentbudget des Mekongs zu bestimmen. Im Fluss wurden temporäre Messstationen aufgebaut, um die Strömungsgeschwindigkeit, Sedimenttransport und andere hydrologische Parameter zu bestimmen. Mittels mathematischer Modellierungen konnten geomorphologische* Veränderungen berechnet und prognostiziert werden. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Aktuell werden dem Mekong jährlich 55 Millionen Kubikmeter Sand, so viel wie drei Millionen LKW-Ladungen, entnommen, um die Nachfrage des Bau-Booms zu stillen. Doch nur etwa vier Millionen Kubikmeter neue Sedimentfracht gelangen pro Jahr aus dem Oberlauf ins Delta. Das hat massive Auswirkungen: Uferabbrüche, Erosionen und das fortschreitende Absinken des Deltas gefährden nicht nur das fragile Ökosystem, auch rund 500.000 Menschen sind vom Verlust ihres Zuhauses direkt bedroht.

Ein langer Lastkahn beladen mit Sandhaufen fährt auf einem Fluss an einer grünen Uferlandschaft vorbei.
Abtransport des Flusssandes auf dem Mekong.

55 Millionen Kubikmeter Sand

werden dem Mekong jährlich entnommen, um die Nachfrage des Bau-Booms zu stillen.

Alternativen zum Flusssand

Auf Grundlage der Forschungsergebnisse des WWF konnte ein geomorphologischer Stabilitätsplan entwickelt werden. Und auch das vor Ort geltende Mineraliengesetz wurde überarbeitet und berücksichtigt nun auch den Sandabbau. „Ich denke, dass wir mithilfe der wissenschaftlichen Daten vielen Entscheidungsträgern die Augen geöffnet haben, wie ernst die Lage ist“, so Anh. Doch der Schutz des Mekong-Deltas bleibt ein schwieriges Unterfangen, denn der Bauboom in Vietnam hält an und der Hunger nach Sand ist ungebremst. „Leider eignet sich Meeressand kaum als Baustoff – die Sandkörner sind zu stark abgerundet und haben nicht die gleichen bauphysikalischen Eigenschaften wie die eckigeren Pendants aus dem Mekong“, erklärt Anh. Der WWF untersucht daher, ob es umweltfreundlichere Alternativen gibt. Dazu zählen sogenannte Primär- und Sekundärstoffe, wie Reisschalen- und Zuckerrohrasche, Brechsande und industrielle Abfallstoffe, wie beispielsweise Bauschutt aus Abrissobjekten. Besonders letztere sind vielversprechend. „100 Jahre alte Wohnhäuser wie in Deutschland gibt es in Vietnam kaum und nicht selten kommt der Abrissbagger bereits nach 30 Jahren“, meint Anh. Recycling von Bauschutt könnte daher eine Alternative sein, um die Sandressourcen im Delta zu schonen. „Ein wegweisendes Experiment – nicht nur für Vietnam“, fügt der WWF Mitarbeiter hinzu.

*Geomorphologie ist die Wissenschaft von den Formen der Erdoberfläche, die sich mit ihrer Entstehung, Veränderung und den formbildenden Prozessen wie Verwitterung, Erosion, Ablagerung sowie Einflüssen durch Wasser, Wind und Eis beschäftigt.

Fragen an den WWF

Dr. Stefan Ziegler ist Biologe und beim WWF Deutschland für die Projekte in Südostasien zuständig. Er arbeitet seit über 20 Jahren für den WWF und hat bereits zahlreiche Vorhaben im Bereich Plastikmüll und Meeresverschmutzung geleitet.

Stefan, warum unterstützt der WWF gerade im Mekong-Delta?

Das Mekong-Delta bietet nicht nur für die Tier- und Pflanzenwelt einen wertvollen Lebensraum – auch Millionen von Menschen leben in dieser schützenswerten Region. Der massive Sandabbau gefährdet die Lebensgrundlage von Mensch und Natur. Darüber hinaus sind die Erprobung von alternativen Baustoffen oder das Recycling von Bauschutt im großen Stil wegweisende Ansätze, von denen wir auch in Europa und Deutschland viel lernen können.

Wie ist das Projekt vor Ort organisiert?

Der WWF Vietnam ist mit seinem Projektbüro in der Millionenstadt Ho Chi Minh City direkt vor Ort und nah dran an politischen und wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren. Die Mitarbeitenden arbeiten eng mit den Regierungen der Provinzregionen, der Mekong-Fluss-Kommission und dem Ministerium für Landwirtschaft und Umweltschutz zusammen. Über eine breite öffentliche Berichterstattung und den interaktiven Austausch mit Wissenschaft und Öffentlichkeit fördert der WWF den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Anwohnerinnen und Anwohnern der Region.

Was sind die Hauptziele des Projekts?

Das übergeordnete Projektziel ist es, durch eine Minderung des nicht nachhaltigen Sandabbaus die Anfälligkeit des Mekong-Deltas für den Klimawandel und seine sozioökonomischen Folgen zu reduzieren und dadurch das Sinken des Deltas zu verlangsamen. Es ist geplant, gemeinsam mit Expertinnen und Experten, Wirtschaftsverbänden und der Regierung Kriterien für nachhaltige Baustoffe zu entwickeln. Bis 2027 sollen weitere wichtige Weichen für die Markteinführung und Verwendung nachhaltiger Aggregate im Bausektor gestellt werden.

Was ist der größte Erfolg seit Beginn des Projekts?

Der WWF hat mit seinen Partnern die Problematik erstmals wissenschaftlich fundiert analysiert und mögliche Alternativen zum Sandabbau erforscht. Dank dieser Daten erhielt das Thema große Aufmerksamkeit in Wirtschaft, Öffentlichkeit und insbesondere der Politik. Das ist ein extrem wichtiger Hebel und wir haben erreicht, dass der Sedimentabbau Eingang in die Gesetzgebung findet und der Aufbau einer Infrastruktur für alternative Baustoffe gezielt gefördert wird. Das kann auch für andere Länder ein Vorbild sein.

Portrait von Stefan Ziegler.
Dr. Stefan Ziegler, Biologe bei WWF Deutschland. © WWF

Fazit

Das WWF-Projekt, gefördert von Bosch Power Tools, belegt die gravierenden Folgen des Sandabbaus: Das Mekong-Delta sinkt und gefährdet Mensch und Natur. Durch wissenschaftliche Arbeit, Politikberatung und die Suche nach Alternativen wie recyceltem Bauschutt wird der Schutz des Ökosystems und die Förderung nachhaltiger Baumaterialien vorangetrieben.