Leidenschaft als Antrieb
Vom Radiotechniker zum Vorsitzenden des Bereichsvorstands

Ein Gespräch mit Thomas Donato, seit 2023 Vorsitzender des Bereichsvorstands von Bosch Power Tools, über seine Wurzeln, seine Werte und die Herausforderungen der Gegenwart. In diesem Interview gibt der Sohn von Gastarbeitern einen Einblick in seinen persönlichen und beruflichen Werdegang. Er betont, wie wichtig es im Leben ist, auf seinen Bauch zu hören und seiner Leidenschaft zu folgen und er erklärt, wie seine Liebe zum Radio und ein Job als Animateur ihn auf seine Aufgaben als Führungskraft vorbereitet haben.
Thomas, du bist seit Juni 2023 Vorsitzender des Bereichsvorstands bei Bosch Power Tools. Wie würdest du deine bisherige Zeit hier zusammenfassen?
Es war eine intensive Zeit mit vielen Herausforderungen und sehr schweren Entscheidungen. Es war und ist zugleich aber auch eine spannende Zeit mit sehr vielen Chancen und Möglichkeiten, unser Geschäft weiterzuentwickeln und fit für die Zukunft zu machen.
Bevor wir auf die aktuellen Herausforderungen und deine Vision eingehen, lass uns einen Blick auf deinen persönlichen Hintergrund werfen.
Meine Eltern kamen als Gastarbeiter nach Deutschland. Mein Vater kam als 18-jähriger aus Italien nach Deutschland. Meine Mutter kam aus Jugoslawien, dem heutigen Nordmazedonien. Die beiden haben sich hier in Deutschland kennengelernt und beschlossen, hier zu bleiben und eine Familie zu gründen. Das ist auch der Grund, warum ich einen deutschen Vornamen habe.
Dein Werdegang ist ja alles andere als geradlinig.
Das stimmt. Ich habe mich allerdings schon immer für technische Dinge interessiert und mir war früh klar, dass ich irgendwas in Richtung Technik machen wollte. Radio war meine große Leidenschaft und so habe ich beschlossen, Tontechniker beim Rundfunk zu werden. Für die Tontechnikerschule brauchte ich eine abgeschlossene Berufsausbildung. Also habe ich eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker gemacht. Meine Eltern und meine Lehrer wollten zwar, dass ich Abi mache, aber ich habe auf meinen Bauch gehört und bin diesen Weg gegangen. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Warum war diese Ausbildung so prägend für dich?
Ich habe damals in einem Betrieb mit rund 15 Leuten gelernt. Wir haben Reparaturen durchgeführt, Satellitenanlagen und Kabelfernsehen installiert und von Schallplatten über Stereoanlagen bis hin zu Rührgeräten alle technischen Geräte verkauft. Wenn man im Laden steht und verkauft oder wenn man bei den Leuten zu Hause ist und Kundendienst macht, lernt man viel über Menschen. Ich bin ab diesem Zeitpunkt leichter auf Leute zugegangen, weil ich wusste, wie ich mit ihnen umgehen konnte. Diese Erfahrung hat mich geprägt.

Wenn du etwas mit Leidenschaft machst, dann bist du motivierter, kreativer und mutiger. Meiner Erfahrung nach führt das am Ende auch zum Erfolg.
Du hast also auf dein Bauchgefühl gehört und bist deiner Leidenschaft gefolgt. Das ist interessant, weil wir es heutzutage eher gewohnt sind, nicht auf unsere Intuition zu hören.
Absolut. Das Schwierige ist ja, dass du oftmals nicht genügend Informationen hast, um logisch abzuwägen. Unser Bauchgefühl dagegen ist oft sehr zuverlässig. Und ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, im Leben seiner Passion zu folgen. Wenn du für eine Sache brennst, dann investierst du mehr Zeit und mehr Energie in diese Sache. Wenn du etwas mit Leidenschaft machst, dann bist du motivierter, kreativer und mutiger. Meiner Erfahrung nach führt das am Ende auch zum Erfolg.
Nach deiner Lehre hast du dich dann doch gegen den Tontechniker und für ein Studium entschieden?
Das stimmt. Die Leidenschaft für alles Technische ist geblieben, aber ich hatte mich auch weiterentwickelt, hatte neue Perspektiven gesammelt und neue Ziele formuliert. Um die Zeit bis zum Studienbeginn zu überbrücken, habe ich gejobbt: Ich war als Animateur auf Mallorca und habe dort ein halbes Jahr lang in einem Hotel mit circa 1.600 Betten gearbeitet. Tagsüber standen Wasserball, Volleyball und Bogenschießen mit den Kindern auf dem Programm, kurz vor dem Abendessen gab es Fußball und abends dann verschiedene Events auf der Bühne; Bingo, Minidisco und so weiter. Das war eine großartige Erfahrung, weil ich dort mit Gästen aus Großbritannien, Irland, Island, Italien, den Niederlanden und natürlich Deutschland in Kontakt war. Das war wie ein Intensivkurs in interkultureller Kommunikation.

Vom Gesellen über den Animateur bis zum Vorstandsvorsitzenden bei Bosch – das ist ein interessanter Weg. Haben diese Erfahrungen heute noch einen Einfluss auf den Bereichsvorstand Thomas Donato?
Auf jeden Fall. Als Kind von Gastarbeitern war ich schon früh von unterschiedlichen Kulturen und Denkweisen geprägt. In meiner Zeit als Lehrling und später als Animateur habe ich nochmal bewusster über meinen damaligen Tellerrand hinausgeschaut. Ich habe schnell gelernt, dass es wichtig ist, verschiedene Perspektiven zu sehen und unterschiedliche Standpunkte einzunehmen. Es hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, mit Menschen zu reden, von anderen zu lernen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es gibt im Leben nicht den einen Weg. Wenn du dich weiterentwickeln willst, dann musst du zuhören können, du musst flexibel und anpassungsfähig sein. Immer, wenn ich einen Jobwechsel gemacht habe, stand ich vor neuen Herausforderungen. Das reizt mich, das finde ich spannend.
Welche Werte sind dir darüber hinaus als Führungskraft besonders wichtig?
Vertrauen, Offenheit, Ehrlichkeit und Respekt. Ich glaube fest daran, dass man nur dann erfolgreich sein kann, wenn man diese Werte lebt und vorlebt. Es ist wichtig, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen, ihre Ideen einbringen und ihre Talente entfalten können. Ein solches Umfeld fördert eine Kultur der Innovation und der kontinuierlichen Verbesserung. Mir ist es wichtig, dass alle Mitarbeitenden wissen, dass sie mit mir sprechen können. Warum? Weil ich davon überzeugt bin, dass man nur gemeinsam erfolgreich sein kann, wenn man offen miteinander kommuniziert und voneinander lernt.
Du sprichst von einer Unternehmenskultur, die auch Robert Bosch selbst am Herzen lag.
Robert Bosch war ein Pionier, ein Innovator und ein verantwortungsbewusster Unternehmer. Er hat mit seinen Werten und Prinzipien ein Unternehmen geschaffen, dessen innovativer Kern bis heute Bestand und das sich auf dieser Basis immer wieder zielgerichtet weiterentwickelt hat.
Stichwort Zukunft. Die Welt steht aktuell vor großen Herausforderungen. Wie willst du Bosch Power Tools durch diese schwierige Zeit führen?
Es ist kein Geheimnis, dass wir alle gemeinsam vor großen Herausforderungen stehen: Globalisierung, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, der Krieg in der Ukraine und weitere internationale Konflikte – das sind alles Themen, die die Welt beschäftigen. Das wirtschaftliche Umfeld ist sehr schwierig und viele Märkte sind zunehmend gesättigt. Wir müssen diese Fakten akzeptieren und uns anpassen. Veränderungen sind oft schmerzhaft. Sie sind aber auch die einzige Chance, sich in diesem unsteten Umfeld zu behaupten. Wir müssen also flexibler werden und bereit sein, uns fortlaufend anzupassen, um langfristig erfolgreich zu sein.
Was bedeutet das konkret für Bosch Power Tools?
Wir müssen unsere Kundinnen und Kunden noch besser verstehen und fragen: Was brauchen die Verwenderinnen und Verwender? Warum brauchen sie das? Wann brauchen sie das? Wir müssen ganz genau verstehen, wie unsere Kundinnen und Kunden arbeiten. Was sind die Arbeitsschritte? Was sind die Herausforderungen? Wo hakt es? Fundierte Marktforschung und ein gutes Zielgruppen-Verständnis sind elementar, um unter der Marke Bosch weiterhin Innovationen hervorzubringen, die nicht nur überzeugen, sondern auch begeistern. Dabei gilt es frühzeitig anzusetzen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Eines unserer meistverkauften Elektrowerkzeuge überhaupt, der IXO, ist nicht entwickelt worden, weil der Kunde bereits genau wusste, dass er so ein Gerät braucht. Der Entwicklung ging vielmehr eine Phase intensiver und umfassender Beobachtungen und Analysen voraus. Eine zentrale Aufgabe besteht also darin, die Kundinnen und Kunden bestmöglich zu verstehen und ihre Bedürfnisse und Anforderungen schnell und kreativ umsetzen.

Die Strategie basiert demnach im Wesentlichen auf drei Säulen: Innovation, Nutzerzentrierung und Effizienz.
Ganz genau. Wir müssen innovative Produkte und Lösungen entwickeln, die das Leben der Verwenderinnen und Verwender unserer Produkte einfacher oder produktiver machen. Dazu müssen wir ihre Bedürfnisse noch besser verstehen und unsere Angebote darauf ausrichten. Und wir müssen zugleich unsere Prozesse weiter optimieren und effizienter werden, um auch kostenseitig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Welche Rolle spielt bei der zukünftigen Strategie die Marke Bosch?
Eine ganz entscheidende! Unsere Marke steht seit Jahrzehnten für Qualität und Zuverlässigkeit. Das sind zwei unserer entscheidenden Stärken. Bosch Power Tools hat über 18.000 Mitarbeitende. Wir sind weltweit vertreten mit breit gestreutem Fachwissen, mit jahrzehntelanger Erfahrung, mit Leidenschaft und Begeisterung, mit einem Verständnis für unsere Märkte und mit einem breiten Portfolio. Das alles sind weitere Stärken, die uns im Kollektiv einzigartig machen. Um in einem immer härter werdenden Wettbewerb langfristig global weiter erfolgreich zu sein, müssen wir diese Stärken noch besser ausspielen.
Welche Weltregionen sind für die strategischen Überlegungen von zentraler Bedeutung?
Wir sind global gut aufgestellt und bearbeiten die einzelnen Märkte systematisch entsprechend den lokalen Anforderungen. Blicken wir zunächst nach Europa. Das ist unser Heimatmarkt, der für uns dementsprechend eine sehr hohe Priorität hat. Das wird auch so bleiben. Schon im vergangenen Jahr haben wir die Zahl an Produkteinführungen erheblich gesteigert, und werden in diesem Jahr allein im Geschäftsfeld der Elektrowerkzeuge mit rund 90 geplanten Neueinführungen den Ausbau unseres Portfolios nochmals deutlich beschleunigen – die allermeisten davon werden auch in Europa verfügbar sein. Insofern können sich die Verwenderinnen und Verwender unserer Produkte sowie unsere Handelspartner in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und darüber hinaus auf zahlreiche Neuheiten freuen.
Wie sieht es mit dem Rest der Welt aus?
Ähnlich wie in Europa haben wir insbesondere auch in den sogenannten Emerging Markets – also wirtschaftlich aufstrebenden Regionen und Ländern wie Indien, Lateinamerika, Südostasien und weiten Teilen Afrikas – zumeist schon eine sehr starke Marktposition. Aus dieser Position heraus wollen wir nun zum Beispiel auch in Nordamerika kräftig wachsen. Der Kontinent ist ein strategisch bedeutsamer Markt für uns, den wir im Geschäftsfeld der Elektrowerkzeuge sukzessive erschließen möchten. Zu diesem Zweck haben wir zu Beginn des Jahres eine umfassende Marketingkampagne gestartet. Darüber hinaus entwickeln wir Produkte und Lösungen speziell für die Bedürfnisse der nordamerikanischen Verwenderinnen und Verwender. Aber auch hier können wir auf eine bereits vorhandene Basis aufbauen. So sind wir zum Beispiel im Messtechnik-Segment mit der Marke Bosch bereits in einer führenden Position vertreten. Außerdem möchte ich an der Stelle unsere Zubehörmarke Diablo nicht unerwähnt lassen – diese ist seit Jahren ein überaus starker, verlässlicher Partner und damit „First Choice“ auf vielen Baustellen in Nordamerika. Wir haben also einiges zu bieten!
Thomas, vielen Dank für das offene Gespräch.